Die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat bei den Weinbauern in Rheinland-Pfalz enorme Schäden verursacht. Viele Winzer aus dem Ahrtal sahen sich vor dem Aus. Von den insgesamt 50 Betrieben an der Ahr waren lediglich vier nicht von der Flut betroffen. Zehn bis 20 Betriebe wurden komplett zerstört. Sehr viele Winzer haben alles verloren. Nicht nur Betriebsgebäude, auch Maschinen und Weinvorräte gingen verloren. Unter dem Titel „solidAHRität“ hatte das Niersteiner Weingut St. Antony eine Hilfsaktion organisiert, die bald bundesweit für positive Kommentare sorgte. Das Logo zeigt einen rot-weißen Rettungsring. Die Initiative erfuhr überregional Beachtung und wurde auch von Winzern der Hessischen Bergstraße unterstützt. 

Bergsträßer Winzer helfen an der Ahr-2
Bergsträßer Winzer beteiligten sich an der Verkaufsaktion und sammelten Spenden für den Wiederaufbau. BILD: DWI

Johannes Bürkle vom Zwingenberger Weingut Simon-Bürkle hatte gleich alle regionalen Winzer über die gemeinsame Whats-App-Gruppe informiert. Mit enormer Resonanz. Zwölf Kollegen waren spontan dabei. Sie haben Wein gespendet, der in Nierstein verpackt und zugunsten der Ahr-Betriebe verkauft wurde. Innerhalb der ersten 48 Stunden wurden 10.000 Pakete geordert. „Das hat uns überwältigt“, so Dirk Würtz vom Weingut St. Antony.

Man habe anfangs mit etwa 1500 Bestellungen gerechnet. Die Nachfrage hatte die Kapazitäten überholt, teilt der gebürtige Ludwigshafener mit, der seit 2018 geschäftsführender Gesellschafter des 60-Hektar-Weinguts ist und sich auch als Wein-Blogger einen Namen gemacht hat. Die erste Palette der Bergstraße war bald transportfertig geschnürt. Johannes Bürkle stellte das zentrale Lager für die Weinregion. „Tanks waren umgekippt, Fässer wurden einfach weggespült“, so der Winzer, der betont, dass viele Bergsträßer Kollegen enge Kontakte an die Ahr haben und dort teilweise in Weingütern gearbeitet hatten oder ausgebildet wurden.

Auch die Idee zur Weinlagenwanderung wurde bei einem Trip in die Region Ende der 80er Jahre von den Bergsträßer Jungwinzern mit nach Hause gebracht. Daher unterstützen einige hiesige Betriebe die betroffenen Kollegen auf direktem, persönlichem Weg. Junge Winzer wie Katja Simon aus Zwingenberg oder der Bensheimer Sektmacher Niko Brandner waren daher auch im letzten Sommer vor Ort, um ihre Hilfe anzubieten. Brandner hatte mit einem kleinen Team den Spitzenerzeuger Meyer-Näkel besucht. Vor allem Gitterboxen wurden dort dringend gebraucht, um Weinflaschen und aufgeweichte Kartons einzusammeln. Die Bergsträßer haben Nachschub geliefert.

Das Heppenheimer Weingut Freiberger hatte sich gemeinsam mit Kollegen aus der Pfalz und aus Rheinhessen an einer Verkaufsaktion beteiligt und Geld für den Spendenverein „Ahr – A Wineregion needs Help for Rebuilding“ gesammelt, das gezielt vor Ort für den Wiederaufbau in der Ahrregion eingesetzt wird. Gemeinsam mit anderen Bergsträßer Winzern hatte sich auch der Chef des Weinbauverbands, Otto Guthier, vor Ort engagiert, um die Ernte des Jahrgangs 2021 an der Ahr zu retten. Neben Mitgliedern der Bergsträßer Winzer eG machten auch viele private Betriebe mobil, um den Kollegen und Freunden im Rotwein-Anbaugebiet zu helfen. Ihnen allen bot sich ein schlimmes Bild der Verwüstung.

Die Folgen der Katastrophe werden noch lange zu spüren sein. Auch aktuell suchen mehr als 20 Betriebe noch Helfer für die Weinlese 2022. Denn nach der Flut sind noch immer viele Menschen mit dem Wiederaufbau beschäftigt, andere haben die Region ganz verlassen. Hinzu kommt in diesem Jahr, dass der Krieg in der Ukraine viele Erntehelfer aus Osteuropa daran hindert, einzureisen und bei der Weinlese zu helfen. tr