Die Pandemie machte sich daran, die Menschen über den Jahreswechsel hinaus begleiten: Vom 23. Dezember bis zum 7. Januar galt aufgrund der hohen Inzidenz kreisweit eine nächtliche Ausgangssperre. Zwischen 21 und 5 Uhr durfte die eigene Wohnung nur aus dringenden Gründen verlassen werden. Das Weihnachtsfest feierten viele nur im ganz kleinen Kreis, oft ohne Besuche. In der Silvesternacht erhellten nur wenige Leuchtraketen den Himmel. Dazu trug neben der Ausgangssperre auch ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper bei.Ganz leise blieb es indes nicht: Mancher Bergsträßer hatte noch Vorräte an Raketen und Böllern in petto, die er nun verfeuerte. Es hielt sich auch nicht jeder an die Ausgangssperre und das Alkoholverbot in der Öffentlichkeit.Der Lockdown, den das Corona-Kabinett der hessischen Landesregierung Mitte Dezember beschlossen hatte, überdauerte die Ausgangssperre. Nach den Ferien lernten die meisten Schulkinder wieder zu Hause, Eltern sollten ihre Kinder nur in die Schulen schicken, wenn es nicht anders geht, lautete die Regel. Schüler von Abschlussklassen wurden in festen Lerngruppen unterrichtet. In den Kindergärten herrschte Notbetrieb, die Restaurants blieben zu, viele Geschäfte auch.Hoffnung machten die Impfungen. Der Weg zu mehr Normalität gestaltete sich aber lang. Mitte kam die Pflicht hinzu, in Geschäften, Bussen und Bahnen FFP2-Masken zu tragen. Die Mehrheit der Bevölkerung trug die Corona-Regelungen mit. Es gab aber auch immer wieder Kritik an einzelnen Bestimmungen oder auch am Vorgehen der Politik. Einige Gruppen lehnten die Maßnahmen als Ganzes ab und stellten teilweise die Gefährlichkeit des Coronavirus an sich infrage, oder auch die Existenz von Viren.Derweil lösten sich gute und schlechte Nachrichten gegenseitig ab. Die Inzidenz sank zunächst, am 1. März gab es Lockerungen, die Friseure öffneten wieder, die Schüler der Klassen eins bis sechs kehrten in die Schulen zurück, wenn auch nur im Wechselunterricht. Der Druck auf die Kliniken ließ nach.Allerdings traten die ersten Mutationen auf. Mitte Februar meldete Gesundheitsdezernentin Diana Stolz erstmals zwei Todesfälle, die auf die sogenannte britische Variante B.1.1.7. zurückgingen. Der Anteil der Varianten am Infektionsgeschehen wurde immer größer und die Inzidenz stieg wieder an.Als die Bundesregierung beschloss, kostenlose Schnelltests zu ermöglichen, entstanden in Arztpraxen, Apotheken und anderen Einrichtungen neue Testzentren. Unternehmern wurden verpflichtet, ihren Arbeitnehmern Tests anzubieten. Einkaufen außerhalb von Supermärkten fand per Termin statt. Wendungen wie Click and meet oder Click and collect gewannen an Bedeutung.Einige Verwirrung brachten neue Regeln im April mit sich. Die Bundesregierung einigte sich auf eine Bundesnotbremse, bei der verschiedene Grenzwerte bei den Inzidenzen festlegen sollten, ob weitere Einschränkungen erlassen werden. Das Problem: Über diese Werte gab es unterschiedliche Angaben, das Bergsträßer Gesundheitsamt nannte teilweise andere Zahlen als das RobertKoch-Institut. Verschiedene Gründe wurden dafür genannt, unter anderem der zeitliche Verzug zwischen der Registrierung einer Infektion im Gesundheitsamt und der Übertragung der Daten nach Wiesbaden und von dort weiter nach Berlin.Unsere Zahlen sind die richtigen“, betonte Landrat Christian Engelhardt. Entscheidend waren aber die des RKI. Bisweilen hing von diesen Differenzen viel ab. Als das Gesundheitsamt zur Zeit der Neuregelung von einer Inzidenz von 148, 27 ausging, lag sie nach Angaben des RKI unter 100 – dem Wert, der nächtliche Ausgangssperren nach sich zog, wenn er fünf Tage am Stück auf diesem Niveau blieb. Zunächst blieben die Bergsträßer daher von der Ausgangssperre verschont. Am 27.April wurde sie aber doch noch erlassen, als die Inzidenz auch nach den Zahlen des RKI fünf Tage lang die 100 überschritt. Nur wenige Tage später erreichte sie die nächste Stufe und Schulen und Kindergärten mussten wieder weitgehend schließen.Erst ab Mai fing es dann wieder an, bergauf zu gehen, in dem Maße, in dem die Inzidenz sank. Ab dem 10. Mai gab es wieder Wechselunterricht für alle Schüler. Mitte des Monats stellte die Landesregierung bei niedrigen Inzidenzen weitere Lockerungen in Aussicht, von der Aufhebung der Ausgangssperren bis hin zur Möglichkeit, Außengastronomie zu öffnen. Die Bergstraße kam ab dem 20. Mai in diesen Genuss. Viele Wirte zögerten angesichts des hohen Aufwands bei der Kontrolle von Negativnachweisen und der Frage, inwieweit sich beschränkte Öffnung rentiert. Mancher wartete noch, bis die nächste Lockerungsstufe griff und auch die Innengastronomie wieder öffnen durfte. Das war dann ab dem 31. Mai der Fall, als die Inzidenz dauerhaft unter 50 lag. Die Schulen öffneten wieder vollständig, wenn auch mit Testpflicht. Der zweite Corona-Sommer wurde eingeläutet: Freibäder öffneten, die Menschen trafen sich wieder. Am 1. Juli lag die Inzidenz an der Bergstraße nur noch bei 3,3. Viele Südhessen packten ihre Koffer und fuhren in den Urlaub.Wer gehofft hatte, die Pandemie sei nun, im zweiten Jahr, endlich überwunden, wurde enttäuscht. Ein Grund dafür waren die Mutationen. Schon im Juli teilte Dezernentin Stolz mit, bei den vorhandenen Infektionen liege der Anteil der Delta-Variante bei über 60 Prozent. Bald näherte sich die die Inzidenz der 100, es wurden wieder Beschränkungen angeordnet. Die 2G- oder 3G-Regelungen hielten Einzug in die Innenräume. Gleichzeitig wurde die Kostenübernahme für Schnelltests zurückgenommen.Politik und Behörden stellten bei der Beurteilung der Lage und der Festsetzung von Regeln zunehmend andere Faktoren als die Inzidenz in den Vordergrund. Letztere sank nach einem Zwischenhoch Ende September wieder – so weit, dass die Kreisverwaltung entschied, nur noch wöchentlich statt täglich ein Corona-Update zu veröffentlichen.Mit dem Herbst kam jedoch die vierte Welle. Im Kreiskrankenhaus spitzte sich die Lage im November wie vielerorts zu. Die Inzidenz schoss in Höhen, die sie selbst während des Herbstes 2020 nie erreicht hatte. Am 20. November meldete das RKI für die Bergstraße den höchsten Wert in ganz Hessen, mit einer Inzidenz von 324. Das Ende der Fahnenstange war da noch lange nicht erreicht. Geplante Weihnachtsmärkte wurden abgesagt, Schnelltests wieder kostenlos angeboten und auch die Kreisverwaltung ging wieder dazu über, täglich außerhalb von Facebook Zahlen zur Pandemie zu veröffentlichen. Anfang Dezember erließ die Landesregierung wieder schärfere Regeln, darunter Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und 2G im Einzelhandel.So geht das zweite Corona-Jahr seinem Ende entgegen. Immerhin gehen die Zahlen langsam wieder runter, wobei die Krankenhäuser weiter an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten. Was bleibt ist die Hoffnung, dass die ersehnte Rückkehr zur Normalität im Jahr 2022 kommt – dieses Mal, um zu bleiben. Von Konrad Bülow 

Der Impfmotor kommt immer wieder ins Stottern

Corona: Voller Ungeduld warten zum Jahresbeginn viele darauf, ihre Spritze zu bekommen / Zum Jahresende wiederholt sich das traurige Bild beim Boostern

Bergstraße. Der Beginn des Bergsträßer Impfjahrs 2021 liegt noch vor dem 1. Januar. Am 27. Dezember starteten in Deutschland die Impfungen gegen das Coronavirus. An der Bergstraße bekam das Pflegeheim Johanniterhaus in Lorsch den ersten Besuch des mobilen Impfteams, das der Kreis aufgestellt hatte – die ersten Dosen, so die Linie, sollten Menschen in solchen Einrichtungen und in bestimmten Klinikbereichen bekommen. Schritt für Schritt sollte der Kreis der berechtigten Personen erweitert werden.

Die Bilder in Lorsch machten vielen Hoffnung nach den entbehrungsreichen Wochen und Monaten des ersten Corona-Jahres. Der Impfmotor brauchte aber etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen. Zunächst blieben die Impfzentren, die die Städte und Kreise in Hessen hochgezogen hatten, größtenteils zu – bis auf sechs regionale Zentren, die am 19. Januar öffneten. Wer impfberechtigt war, aber nicht in einer Einrichtung wohnte, die vom Impfteam angesteuert wurde, musste nach Darmstadt fahren, um dort seinen Arm hochzukrempeln. Hessische Landräte, auch Christian Engelhardt von der Bergstraße, forderten eine gleichzeitige Öffnung der lokalen Zentren – ohne Erfolg.

Ein Ansturm auf die Impftermine führte zeitweise zu Überlastungen der Anmelde-Möglichkeiten. Gleichzeitig wurden die Rufe laut, auch die Arztpraxen einzubeziehen. Dieser Schritt galt als schwierig, weil die Impfstoffe rar waren und aufwendig zur Verabreichung vorbereitet werden mussten. Das Impfen blieb in dieser frühen Phase Sache der Teams des Kreises.

Nach und nach fielen die Hürden auf dem Weg zu den begehrten Verabreichungen. Das Bergsträßer Impfzentrum am Berliner Ring in Bensheim wurde ab dem 8. Februar zum Anlaufpunkt für die Impfwilligen. Da der Impfstoff immer noch knapp war, startete die Einrichtung mit 156 Impfungen am Tag. Aber es wurden immer mehr, bis zum April erreichte das Impfteam Vollauslastung. Ab Mitte März wurden auch dezentrale Impfungen in den Städten und Gemeinden angeboten. Probleme blieben nach wie vor nicht aus. Vorbehalte gab es gegenüber dem Mittel von Astra-Zeneca, das als weniger wirksam galt als andere Impfstoffe, wegen zeitgleich auftretender Thrombose-Erkrankungen und mittlerweile nur noch für Impfungen von Menschen über 60 Jahre empfohlen wird.

Mutationen gewinnen an Gewicht

Es kam auch hin und wieder zu Pannen, vereinzelt wurden etwa andere Impfstoffe verabreicht als vereinbart, mancher empfand die Prozeduren für Anmeldungen und Impfungen als kompliziert oder chaotisch. Bergsträßer äußerten sich aber auch voll des Lobes über die Abwicklung im Impfzentrum. Auf der anderen Seite blieben Impfberechtigte immer häufiger den Terminen fern, ohne sie abzusagen, an manchen Tagen über 20 Prozent der Angemeldeten.

Zur selben Zeit impften in einem Probelauf in Lampertheim erstmals niedergelassene Ärzte, ab Anfang April wurde das in ganz Hessen zur Regel. Am 7. Juli wurde schließlich die Impfpriorisierung aufgehoben – jeder Erwachsene hatte ab da unabhängig von Alter und Beruf Anspruch auf eine Impfung. Die Immunisierung und das warme Wetter ermöglichten einen relativ unbeschwerten Corona-Sommer. Am Himmel tauchten aber bald wieder dunkle Wolken auf, als die Mutationen immer größere Rollen im Infektionsgeschehen spielten. Gesundheitsdezernentin Diana Stolz sprach im Juli erstmals von Impfdurchbrüchen. Erfahrungsgemäß seien die Krankheitsverläufe aber deutlich milder als bei Ungeimpften.

Am 30. September wurde das Bergsträßer Impfzentrum auf Geheiß des Landes Hessen für die Öffentlichkeit geschlossen, nachdem die Bundesförderung für diese Einrichtungen ausgelaufen war. An 240 Einsatztagen wurden am Berliner Ring 183 000 Spritzen gesetzt. Die Impfungen wurden zum großen Teil in die Hände der Ärzte gelegt.

Die Entscheidung, die Impfzentren zu schließen, war schon lange umstritten gewesen. Das verschärfte sich zum Ende des Jahres. Mit steigenden Inzidenzen und verschärften Regeln wurde die Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen immer größer. Mancher Bergsträßer hatte Schwierigkeiten, einen Impftermin zu bekommen, da das nicht alle Arztpraxen anboten und bisweilen wieder der Impfstoff knapp wurde. Immer häufiger rückten die mobilen Impfteams wieder zu dezentralen Terminen aus, bei denen bisweilen lange Warteschlangen entstanden und mancher ohne Impfung wieder gehen musste. Bald entstanden in Hessen wieder feste Impfstellen, nicht mehr als große Zentren, sondern als kleinere, dezentralen Einheiten. Der Kreis Bergstraße zog im Dezember nach und richtete Impfzentren in Heppenheim, Rimbach und Viernheim ein.

Der Impfmotor rattert weiter. Im neuen Jahr sollen auch Apotheker und Zahnärzte die Maschinerie am Laufen halten. Geplantes Werkzeug ist eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Auch die allgemeine Impfpflicht wird ein immer realistischeres Szenario. Von Konrad Bülow

KOMMENTAR

Unerfüllte Sehnsucht nach Normalität-2
Michael Roth über das zweite von der Pandemie dominierte Jahr

Alles Corona, oder was?

In der Jahreschronik 2020 war von den neuen vier neuen Jahreszeiten die Rede. Kein Corona (Januar und Februar), Corona (März bis April), fast kein Corona (Mai bis September) und wieder Corona (Oktober bis Dezember). Im Jahr 2021 hieß es fast das ganze Jahr: Alles Corona, oder was? Leider Ja.

Und wog Ende vergangenen Jahres noch die Hoffnung mit, dass man mit der schnellen Impfstoffentwicklung das Virus unter Kontrolle bekommt, kam doch alles anders. Erst fehlte der Impfstoff, dann die Impfbereitschaft. Jetzt kommt aller Voraussicht nach die Impfpflicht. Es wird Zeit.

Das Schlimmste verhindert

Mit immer mehr Corona-Toten und Leidenden auf den Intensivstationen gehen den vernünftigen unter den Impfgegnern die Argumente aus. Die anderen, die hartnäckigen Impfgegner, wird man so oder so nicht bekehren können. Also Impfpflicht.

Gut möglich, dass weitere Corona-Varianten das Leben abermals beeinträchtigen. Aber dann wird die Corona-Impfung zur Regel wie Grippeschutzimpfung, oder Krebs- und andere Vorsorgeuntersuchungen.

Es gibt wahrlich Schlimmeres. Nämlich die Folgen von Corona für Wirtschaft und Gesellschaft. Die mussten alle dieses Jahr durchstehen. Kurzarbeitergeld und Hilfen für Unternehmen haben das Schlimmste verhindert. Zum Preis enormer Staatsschulden. Und Wohlstandseinbußen. Urlaub und sonstige Vergnügungen fielen weitgehend aus.

Nächstes Jahr ist es hoffentlich durchgestanden. Und dann bleibt zu hoffen, dass der neuen Regierung nicht noch allerlei neues Belastendes einfällt. Ganz sicher darf man sich da nicht sein.

Vor Ort. Für Sie.

Wir vom BA wünschen Ihnen und uns eine baldige Rückkehr zum normalen Leben. Wir berichten auch lieber über spannende kommunalpolitische Debatten, mitreißenden Sport und unterhaltsame Kulturereignisse. Informieren und Unterhalten. Vor Ort. Für Sie. Das war, bleibt und ist unsere Maxime – vor, während und auch nach oder auch mit Corona. In diesem Sinne wünscht Ihnen das gesamte BA-Team ein schönes Weihnachtsfest, einen guten Start in das neue Jahr mit Gesundheit, Glück und Erfolg.

Ihr Michael Roth

Geschäftsführer und Chefredakteur