Die personelle Neuausrichtung einer Mannschaft beinhaltet ein gewisses Risiko. „Für die Spielerinnen ist ein Wechsel nicht immer leicht“, sagt Flames-Trainerin Heike Ahlgrimm. Ein Engagement bei einem neuen Verein ist mit einigen Herausforderungen für die Handballerinnen verbunden: Der Abschied vom vertrauten Zuhause und der Familie, der Umzug in eine neue Umgebung oder in ein neues Land mit einer neuen Sprache. Für Trainer ist ein personeller Umbruch und der Neuaufbau eines Teams ebenso fordernd. 

Die neuen Spielerinnen müssen sich an das Spielsystem anpassen oder das Spielsystem muss an die neuen Spielerinnen angepasst werden. „Das geht nicht von heute auf morgen, sondern braucht Zeit.“ Die wenigsten Zu- und Abgänge weisen vor dieser Spielzeit bislang die HSG Bensheim/Auerbach (drei Abgänge/drei Zugänge) der VfL Oldenburg (2/4) und die SG BBM Bietigheim (2/3) auf. Dass der Quadruple-Sieger aus Bietigheim (HBF-Supercup, Deutsche Meisterschaft, EHF European League, DHB-Pokal) nicht großartig auf dem Transfermarkt tätig war, überrascht Heike Ahlgrimm nicht. „Da gibt es kaum etwas zu verbessern.“ Einzig auf der Kreisposition musste der Liga-Souverän des Vorjahres (52:0 Punkte) nach dem Abgang von Luisa Schulze (Sport-Union Neckarsulm) und der schweren Knieverletzung von Kapitänin Danick Snelder (Bild links) reagieren. Verpflichtet wurden die Dänin Annika Meyer vom Thüringer HC und die spanische Nationalspielerin Kaba Gassama (Team Fleury Loiret/Frankreich). 
     

Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-2
Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-3
Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-4

An Bietigheim geht kein Weg vorbei

Die Frage nach dem kommenden Deutschen Meister ist für Ahlgrimm bereits beantwortet. „Ich lehne mich wieder weit aus dem Fenster und sage: Bietigheim geht erneut zu Null durch.“ Die gleiche Prognose wagte die Flames-Trainerin im Vorjahr – und behielt recht. Die Belastungen durch die Champions League dürfte das Profi-Starensemble mit den Ex-Flames-Assen Antje Döll (geb. Lauenroth, Bild links), Kim Naidzinavicius und Julia Maidhof wegstecken. SG-Coach Markus Gaugisch beendet nach dieser Saison seine Doppelfunktion und wird sich anschließend auf seinen Job als Trainer des deutschen Frauen-Nationalteams konzentrieren.

Enges Mittelfeld

Hinter Bietigheim bewerben sich mehrere Mannschaften um einen Platz auf dem Podium. Der letztjährige Vize-Meister Borussia Dortmund um DHB-Kapitänin Alina Grijseels (Bild links) und der Vorjahresvierte Thüringer HC zählen zu den Kandidaten für das internationale Geschäft. Beide Clubs waren in Sachen Transfers sehr aktiv. Die Borussia holte zwölf neue Spielerinnen und verzeichnete zehn Abgänge, darunter Ex-Flames Merel Freriks (Brest Bretagne HB) und Laura van der Heijden (Chambray Touraine). Ähnlich viel Betrieb herrschte beim THC (9/10), für den zukünftig die deutschen Nationalspielerinnen Johanna Stockschläder (Sport-Union Neckarsulm) und Annika Lott (Buxtehuder SV) am Ball sein werden. 
   

Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-5
Julia Niewiadomska will im zweiten Jahr nach dem Abschied aus Bensheim mit Halle-Neustadt durchstarten.
Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-6
Die ehemalige FlamesKreisläuferin Merel Freriks verlässt Dortmund in Richtung Frankreich.
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Edina Rott (r.) ist nicht mehr Trainerin in Metzingen, ihr Mann Ferenc (l.) bleibt Manager.

Ob der Buxtehuder SV, der Überraschungsdritte der vergangenen Runde, erneut in ähnlichen Sphären schweben kann, erscheint fraglich. Mit Nationaltorhüterin Katharina Filter (Kopenhagen Handbold), Annika Lott sowie Lisa Antl und Meret Ossenkopp (beide Borussia Dortmund) verloren die Norddeutschen wichtige Spielerinnen. „Das ist für den BSV schwer zu kompensieren“, meint Ahlgrimm.

Ein weiterer Kandidat für die Top-Fünf ist die TuS Metzingen. Bereits seit Längerem steht fest, dass die Mannheimerin Julia Behnke nach Auslandsstationen in Russland und Ungarn künftig wieder für die TuS den Kreis beackern wird. Die 29-Jährige trug bereits von 2014 bis 2019 das Trikot der Pink Ladies. Die langjährige Flames-Spielerin Edina Rott hat sich vom Posten der TuS-Trainerin zurückgezogen, ihr Mann Ferenc zieht als Geschäftsführer nach wie vor im Hintergrund die Fäden. Für Edina Rott übernimmt Werner Bösch das Traineramt bei den TuSsies – übrigens der einzige Trainerwechsel in der gesamten Liga. Verlassen haben Metzingen Silje Brons Petersen (Kopenhagen Handbold) und Marlene Zapf (Karriereende), deren Erfahrung sicherlich fehlen wird. 
   

Aspirant auf einen Spitzenplatz ist zudem die Sport-Union Neckarsulm. Der Verein vom Neckar hat seine Belegschaft ebenfalls im größeren Maßstab ausgetauscht und gleich sechs Spielerinnen aus sechs europäischen Ligen neu unter Vertrag genommen. Aus der Bundesliga sind zudem weitere fünf Zugänge notiert. Neben Luisa Schulze sticht dabei Munia Smits (HSG Bad Wildungen) hervor, die viertbeste Scorerin der Vorsaison. Vorausgesetzt der Umbau gelingt, traut Heike Ahlgrimm der TuS Metzingen und der SU Neckarsulm einen Sprung in Richtung internationaler Plätze zu.

Um eine einstellige Position im Klassement, die auch die HSG Bensheim/Auerbach anpeilt, spielen Bayer Leverkusen und die HSG Blomberg-Lippe.

Exzellente Nachwuchsarbeit

Beide Clubs stützen sich auf ihre exzellente Nachwuchsarbeit und haben jeweils einige Talente aus der eigenen Jugend in den Bundesliga-Kader hochgezogen sowie entwicklungsfähige externe Akteurinnen verpflichtet. Der SV Union Halle-Neustadt, zuletzt Achter, dürfte mit punktuell verändertem Aufgebot die Wiedererholung des Vorjahreserfolges anstreben. Bei den Wildcats sind die früheren Flames-Spielerinnen Julia Niewiadomska und Simone Spur Petersen (Bild links) unter Vertrag. Spur Petersen zog sich im Januar einen Kreuzbandriss zu und absolvierte Teile der Rehamaßnahme an der Bergstraße.

Der VfL Oldenburg, im Vorjahr Drittletzter, und der BSV Sachsen Zwickau, der den Klassenerhalt erst über die Relegation erreichte, sind wiederum im hinteren Bereich der Tabelle zu verorten. Eine komplizierte Spielzeit erwartet Heike Ahlgrimm für die HSG Bad Wildungen und Aufsteiger VfL Waiblingen.

Harter Abstiegskampf

Die Vipers aus Nordhessen versuchen den Verlust einiger Stammkräfte mit jungen Spielerinnen aufzufangen. Während der Vorbereitung überraschte Bad Wildungen beim Domstadt-Cup in Fritzlar mit Siegen über Leverkusen und Buxtehude, das Finale ging erst nach Siebenmeterschießen gegen die Flames verloren. Der Neuling aus Waiblingen, der von Thomas Zeitz trainiert wird, dem Lebenspartner von Flames-Spielerin Sarah van Gulik, dürfte ebenfalls um den Klassenerhalt kämpfen. „Bad Wildungen und Waiblingen sind für mich Abstiegskandidaten und werden es vermutlich sehr schwer haben“, so die Flames-Trainerin. ERIC HORN 
  

Die Spielorte in der Handball-Bundesliga der Frauen

Heike Ahlgrimm beleuchtet die Lage der Liga-8
grafiKS Kai Segelken

Der weiteste Weg führt bis vor die Tore von Hamburg, zur Neckarsulmer Sportunion sind es nur 100 Kilometer

Entfernung von Bensheim

Neckarsulmer Sportunion ... 100 km

SG BBM Bietigheim ... 150 km

Vfl Waiblingen ... 170 km

TuS Metzingen ... 200 km

HSG Bad Wildungen ... 230 km

TSV Bayer 04 Leverkusen ... 230 km

BVB Dortmund ... 260 km

Thüringer HC ... 270 km

HSG Blomberg-Lippe ... 340 km

BSV Sachsen Zwickau ... 420 km

SV Union Halle-Neustadt ... 460 km

VfL Oldenburg ... 480 km

Buxtehuder SV ... 550 km