Die Hotel- und Gastronomiebranche hat mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Eine Auffrischung der Ausbildungsberufe soll die Arbeit in Restaurants und Hotels für Azubis nun attraktiver machen.Die Ausbildungsberufe im Hotel- und Gastgewerbe werden aufgefrischt. Für sechs Ausbildungen gibt es ab August 2022 eine neue Ausbildungsordnung, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) informiert. Ein Beruf kommt sogar ganz neu hinzu.Mit den aktualisierten Ausbildungsordnungen soll verstärkt auch auf die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Digitalisierung Rücksicht genommen werden. Die Änderungen im Überblick: 

■ Die Ausbildung zum Restaurantfachmann wird umbenannt. Künftig sind die Azubis angehende Fachleute für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie. Damit werde deutlich, dass es sich um die Veranstaltungsspezialisten der Branche handelt, schreibt das BIBB.

■ Auch die Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe bekommt einen neuen Namen: Künftig wird von Fachkräften für Gastronomie die Rede sein. Sie sind laut BIBB die „Allrounder“ im Gastgewerbe, ihr Fokus liegt auf der Gästebetreuung.

■ Fachleute für Systemgastronomie hingegen sollen künftig alle Bereiche eines Restaurants organisieren. Dazu gehören zum Beispiel die Steuerung von Arbeitsabläufen und die Überwachung der Produktqualität.

■ Die Hotelfachleute sollen die Generalisten in Hotels und Gasthäusern bleiben. Sie übernehmen weiterhin die Betreuung der Gäste von Ankunft bis Abreise.

■ Hotelkaufleute machen künftig die Ausbildung zum Kaufmann oder zur Kauffrau für Hotelmanagement. Damit einher geht ein stärkerer Fokus auf den kaufmännischen Bereich. Damit soll die Ausbildung eine Alternative zu praxisorientierten Bachelor-Studiengängen werden.

■ Angehende Köche und Köchinnen sollen sich mit dem Update der Ausbildungsordnung künftig auch für eine Vertiefung in vegetarischer und veganer Küche entscheiden können.

■ Neu hinzu kommt der Beruf Fachkraft Küche. Die zweijährige Ausbildung richtet sich den Infos zufolge an praktisch begabte Jugendliche, die Köche und Köchinnen künftig bei der Zubereitung von Speisen und Gerichten unterstützen. dpa/tmn

„Kein Tag ist wie der andere“

Ausbildung in der Pflege: Sinnstiftende Arbeit in zukunftsträchtiger Branche

Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt kontinuierlich. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit waren Ende 2020 rund 4,3 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen. Das Statistische Bundesamt prognostiziert für das Jahr 2050 eine Steigerung auf insgesamt 6,5 Millionen Pflegebedürftige bundesweit. Entsprechend wächst der Bedarf nach professioneller Pflege und gut ausgebildeten Pflegekräften. Für junge Schulabsolventen bedeutet das: zahlreiche berufliche Möglichkeiten in einer Branche mit Zukunftsperspektive. Der erste Schritt ist in der Regel eine Ausbildung.

Der 21-jährige Sad Alfokeki befindet sich mittendrin: Er absolviert sein letztes Lehrjahr zum examinierten Altenpfleger. „Mit älteren und pflegebedürftigen Menschen zu arbeiten, ist sehr erfüllend“, berichtet der junge Mann. „Ich verstehe mich gut mit den Bewohnern unserer Einrichtung und es ist ein schönes Gefühl, gebraucht und gemocht zu werden.“ In der Ausbildung übernimmt Sad Alfokeki mit jedem Jahr mehr Verantwortung. Während er in der Pflegeschule zum Beispiel lernt, welche Pflegetheorien es gibt und was bei der Pflege älterer Menschen mit speziellen Vorerkrankungen zu beachten ist, kommt im Pflegealltag der praktische Teil hinzu. „Das Lernprogramm ist straff, aber was man in der Theorie lernt, wendet man direkt in der Praxis an. Und mit dem erlernten Wissen kann ich viel mehr Aufgaben übernehmen“, erklärt Alfokeki, dem an seinem Beruf besonders die Abwechslung gefällt – kein Tag ist wie der andere. Den Azubis in der Pflege stehen erfahrene Ausbilder zur Seite, sogenannte Praxisanleiter. Eine davon ist Ulrike Wilmink: „Ich bin das Bindeglied zwischen den Pflegeschulen, den Einsatzstellen und den Auszubildenden“, erklärt sie. Neben Terminen mit den Auszubildenden bereitet Wilmink Anleitungen oder praktische Lernaufgaben vor, erstellt Beurteilungen, gibt Tipps und ist so auch Mentor. djd/imp
 

Etwas schaffen

Handwerk: Eine echte Option für Abiturienten

Fin Clas Classen (32) studierte bis vor drei Jahren Grafikdesign in Flensburg. Doch so recht identifizieren konnte er sich mit seinem Studium nicht. Deshalb fasste er mit Anfang 30 den Entschluss, das Studium abzubrechen und eine Ausbildung zum Tischler zu beginnen. Im August 2019 startete er mit der Ausbildung bei Tischlermeister Christian Schäfer neu durch. Besonders gefällt ihm an seinem neuen Beruf, Sachen mit den eigenen Händen zu schaffen: „Wenn man ein Stück Material vor sich hat und sieht, was daraus wird, dann befriedigt das. Man wird viel selbstbewusster und zufriedener mit jedem Stück, das man macht.“ Seither ist er jeden Tag voll motiviert. „Einfach lieber liegenbleiben? Vielleicht ein gelber Schein? Solche Gedanken kenne ich nicht.“

Immer mehr Abiturienten im Handwerk glücklich

Mit dieser Motivation für seinen Beruf steht Fin Clas Classen nicht allein da. Eine Studie der Universität Göttingen mit dem Titel „Handwerksstolz“ hat das berufliche Selbstbild und die Arbeitszufriedenheit im Handwerk untersucht. Aus ihr geht hervor, dass 84 Prozent der befragten Handwerker mit Abitur und Fachabitur in ihrem Beruf ihre Berufung sehen. Damit toppen sie die ohnehin hohen Werte aller in der Studie befragten Handwerkerinnen und Handwerker von 81 Prozent. Noch höhere Zustimmung erfährt die Frage nach dem Einfluss auf die eigene Person: 93 Prozent der Handwerker mit (Fach-) Abitur empfinden ihren Beruf als einen bedeutenden Teil ihrer Persönlichkeit und liegen damit 4,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt. Besonders geschätzt wird von den Abiturienten, dass ihnen ihr Beruf neue Herausforderungen bietet (Angabe von 92 Prozent der Befragten) sowie anregend und inspirierend ist (Angabe von 91 Prozent der Befragten).

Tatsächlich scheinen immer mehr Abiturienten zu erkennen, welche beruflichen und persönlichen Chancen im Handwerk stecken. Begannen im Jahr 2015 noch 17 211 Abiturienten eine Ausbildung im Handwerk, waren es 2019 20 805 Abiturienten – satte 20,9 Prozent mehr. Die meisten Abiturienten können dabei die Ausbildungsberufe Kraftfahrzeugmechatroniker (2656), Tischler (2326), Elektroniker (2066) und Zimmerer (1189) für sich gewinnen. Gemessen an der Gesamtzahl der Abiturienten ist der Anteil derer, die den Weg ins Handwerk finden, aber immer noch klein. Nur rund 5 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Hochschulreife entscheiden sich für eine Handwerksausbildung. Das Handwerk möchte diesen Anteil auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels weiter ausbauen. Neben modernen Ausbildungsberufen spielen dabei Optionen zur Ausbildungszeitverkürzung sowie duale oder sogar triale Studienangebote – die handwerkliche Ausbildung, Meisterbrief und Hochschulabschluss verbinden – eine wichtige Rolle. Zudem hat sich das Handwerk in den vergangenen Jahren intensiv für das „BerufsAbitur“ stark gemacht, welches sich an leistungsstarke Schülerinnen und Schüler richtet, die Abitur und Berufsausbildung parallel erwerben können. Entsprechende Pilotprojekte zum „BerufsAbitur“ laufen bereits in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. „Die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten stellen eine wichtige Karrierealternative zu den viel beworbenen Studienberufen dar. Und wir sehen, dass sich gerade höhere Schulabschlüsse im Handwerk sehr wohl fühlen“, äußert dazu der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Hans Peter Wollseifer.

Dem entgegen steht eine gesellschaftliche Erwartung, die immer noch den Weg ins Studium als Nonplusultra für Abiturienten propagiert. Tischlermeister und Ausbilder Christian Schäfer weiß, welche Erwartung auf den jungen Menschen lastet, er bildet in seinem Betrieb derzeit fünf Azubis aus, allesamt Studienabbrecherinnen und -abbrecher. Aus seiner Sicht haben viele Schulabgänger zu wenig Spielraum, sich selbst zu verwirklichen. „Lasst sie doch mal wieder entscheiden. Nach der Ausbildung kann man auch noch studieren. Und es ist für viele Studiengänge sicherlich auch sinnvoll, vorher eine vernünftige Ausbildung zu machen.“ Die hohen Studienabbrecherzahlen, die Arbeitslosenquote unter Hochschulabsolventen sowie auf der anderen Seite der enorme Fachkräftebedarf im Handwerk zeigen, dass der Akademisierungswahn in Deutschland ein Holzweg ist. zdh