Ein neuer Dirigent und eine neue Konzertmeisterin: Beim Collegium Musicum Bergstraße hat sich in den vergangenen zwei Jahren vieles bewegt.Manchmal sind Biografien launische Kinder. An der Akademie für Tonkunst in Darmstadt waren Petja Witek und Kushtrim Gashi befreundete Kommilitonen. Zusammen musiziert hatten sie aber nie. Viele Jahre später trafen sie sich in Bensheim wieder, wo die Violinistin seit 1994 lebt und seither wiederholt mit dem Collegium Musicum zusammengearbeitet hat. Im Mai 2020 hatte Gashi die künstlerische Leitung des Orchesters übernommen, in dem Petja Witek wenige Wochen später ihren Einstand gab.

„Als Konzertmeisterin ist sie die unersetzliche rechte Hand des Dirigenten“, so der Komponist und Orchesterleiter aus dem Kosovo, der sich über die enge künstlerische Zusammenarbeit mit seiner neuen, alten Kollegin enorm freut. Es sei eine glückliche Fügung, dass sich die Wege der beiden Profis im anspruchsvollen Amateurensemble an der Bergstraße wieder kreuzen. Petja Witek übernahm das Amt von Irene Mauruschat-Heidenreich, die nach 19 Jahren als Konzertmeisterin weiterhin aktive Mitwirkende in der 1. Violinengruppe ist. Ihre Nachfolgerin begann bereits mit vier Jahren das Geigenspiel. Als Sechsjährige gewann sie einen Platz an der Hochbegabten-Musikschule in Plovdiv in ihrer Heimat Bulgarien. Nach der Zeit an der Akademie in Darmstadt absolvierte sie ein Aufbaustudium in den Fächern Violine und Chorleitung bei Linda Horowitz. Die Musikerin spielte unter anderem bei der Neuen Philharmonie Frankfurt, mit Geiger David Garrett und dem Ensemble Tango Marcando, das oft im Kreis Bergstraße zu erleben ist. Auch der Sopran der Geigerin ist begehrt. „Schon meine Mutter war eine gute Sängerin“, so Petja Witek während einer Probenpause im Forum der Geschwister-Scholl-Schule, wo das Orchester seit gut zwei Jahren ein neues Refugium gefunden hat. Regionale Kulturfreunde kennen sie auch aus dem SAP-Sinfonieorchester und als Konzertmeisterin beim Kammerorchester „Camerata Bergstraße“. Die geprüfte Geigenlehrerin unterrichtet Violine, Kammermusik und Kinderchor an den Musikschulen in Worms und in Erbach im Odenwald. Auch Musicals hat sie schon inszeniert.

Das Herbstkonzert im Parktheater im September 2020 war ihr erster Auftritt mit dem Orchester nach einer halbjährigen Corona-Zwangspause. Schon damals hatte sich gezeigt, wie harmonisch Petja Witek und Kushtrim Gashi zusammenarbeiten. Dies offenbarte sich einmal mehr während der Zusammenarbeit mit dem Chor ars musica im Vorfeld der musikalischen Inszenierung von „Sonne, Mond und Sterne“ nach Peter Schindler am 8. Mai im Parktheater. Zwei Mal musste die Aufführung aufgrund der Pandemie verschoben werden. Dann hat es geklappt. Cosima Seitz übernahm vertretungsweise den Chor und dirigierte zusammen mit Kushtrim Gashi.

„Den Großteil der Arbeit erledigt sie“, lacht der Komponist, dessen Werke unter anderem bereits in Albanien, Italien, Frankreich, England und Südkorea aufgeführt wurden. Sein stilistisches Spektrum umfasst Kammer-, Vokal- und Orchestermusik sowie Soli und symphonische Dichtung. Neben seiner Tätigkeit als Komponist arbeitet Gashi seit mehreren Jahren als Assistenzdirigent an der Philharmonie-Oper des Kosovo.

Er ist Gründer und Leiter des Kosovo-Jugendorchesters, mit dem er 2019 den 1. Preis beim EMJ-Festival (European Music Festival for Young People) in Belgien gewonnen hat. 2014 erhielt er für seine kompositorische Begabung und sein besonderes Engagement im kulturellen Bereich ein Stipendium der Kulturstiftung der Stadt Darmstadt.

Perfekte Harmonie-2
Als Konzertmeisterin ist Petja Witek die rechte Hand des Dirigenten. Bild: Thomas Neu
Perfekte Harmonie-3
Rund 30 Musiker bilden den Stamm des Collegium Musicum Bergstraße. Das Orchester hat in den vergangenen zwei Jahren die Weichen für die Zukunft gestellt. Bilder: Thomas Neu
Perfekte Harmonie-4
Das Orchester hat in den vergangenen zwei Jahren die Weichen für die Zukunft gestellt. Bild: Thomas Neu 
Perfekte Harmonie-5
Kushtrim Gashi dirigiert das Collegium Musicum seit zwei Jahren. Bild: Thomas Neu

„In den vergangenen zwei Jahren hat sich im Orchester eine Menge bewegt“, so Vorstandsmitglied Andreas Hoffmann über die positive Dynamik im Ensemble, das über einen Stamm von rund 30 Musikern verfügt. Aber auch die Rahmenbedingungen passen. Der Verein hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Seit einiger Zeit nutzt das Collegium Musicum die neuartige Konzertmeister-App, die eine strukturierte und verständliche Terminplanung für Proben und Auftritte ermöglicht. Die Homepage wird momentan überarbeitet und soll sich schon bald optisch und inhaltlich moderner präsentieren.

„Wunderbare Orchesterfamilie“

Nach der wechselhaften Corona-Phase zeigt das Collegium Musicum wieder viel Spielfreude und Lust aufs Publikum.

Mit Petja Witek und Kushtrim Gashi sei man hervorragend aufgestellt, die personelle Situation im Klangkörper bezeichnet Hoffmann als stabil. Fluktuation gibt es kaum. Während der Hoch-Zeit der Krise hatten zwar manche Musiker pausiert, verloren ging dabei aber kaum einer. Auch das Interesse von außen ist nach wie vor groß, ergänzt Vorstand Hanns-Christian Wüstner (Cello).

Petja Witek fühlt sich in einer „wunderbaren Orchesterfamilie“ angekommen. Die Atmosphäre im Ensemble sei hoch professionell, die instrumentalen Qualitäten beeindruckend. Nach der wechselhaften und insgesamt musikalisch eher leisen Corona-Phase zeige das gesamte Orchester nun wieder viel Spielfreude und Lust aufs Publikum. Nach „Sonne, Mond und Sterne“ ist im Oktober das nächste Herbstkonzert geplant. Thomas Tritsch