Heiko Mey schickt mit seiner Firma Aeromey aufgerüstete Drohnen in den industriellen Einsatz. Die besonderen Flugobjekte werden unter anderem eingesetzt, um (schwieriges) Gelände zu vermessen.

Die Missionen unterscheiden sich. Heiko Mey geht für die Bergwacht im Allgäu in die Luft. Seine Firma liefert präzise Informationen zu den aktuellen Schneetiefen in Südtiroler Skigebieten. Für die Planung der Gartenschau 2025 in Freudenstadt und Baiersbronn hat er das Gelände vermessen. Und im letzten Jahr hat er die Datenbasis für die Verlegung der Bundesstraße in einen Rheinufertunnel bei Nierstein vorgelegt. Die dabei gewonnenen Geodaten dienen als Grundlage für die Erstellung der Straßenplanung für eine Ortsumgehung.

Die jeweiligen Vermessungsflüge hatten sich auf den Bereich zwischen der Bahnlinie und dem Rheinufer konzentriert. Um den Verkehr auf der stark belasteten B9 nicht zu beeinträchtigen, kam zur Aufnahme der notwendigen Geländedaten eine mit besonderen Messeinrichtungen ausgestattete Drohne zum Einsatz, die über ein 3D-Laserscan-Modul und eine Digitalkamera verfügt. Die Flughöhe betrug etwa 70 Meter.

Heiko Mey ist aber auch in der unmittelbaren Nachbarschaft im Einsatz. Für die Planungen der viel diskutierten Neubaustrecke der Deutschen Bahn zwischen Frankfurt und Mannheim haben seine speziellen Fluggeräte den Abschnitt bei Lorsch aus der Vogelperspektive untersucht. Es sind Großprojekte wie dieses, bei denen sich seine Firma Aeromey in der Branche einen guten Namen gemacht hat. Und das nur wenige Jahre nach der Gründung des Unternehmens im Dezember 2015. Doch die fachliche Expertise des Chefs ist das Ergebnis von vielen Jahren in der Modellflug-, Multicopter- und Drohnenszene. Am Berliner Ring 95 haben Mey und sein kleines Team einen passgenauen Standort gefunden.

Längst sind die Piloten deutschlandweit im Einsatz, doch die Stammkunden in der Region Rhein-Main und Rhein-Neckar halten der Gesellschaft noch immer die Treue. Die unbemannten Trägersysteme aus Bensheim sind spezialisiert auf Einsätze über monumentalen Bauvorhaben, aber auch für landwirtschaftliche Anwendungen sowie Projekte aus dem Bereich Archäologie und Denkmalpflege. Um diesen ganz besonderen Anforderungen gerecht zu werden, entwickelt die Firma auch eigene technische Systeme, Sensoren und Hilfsmittel, um die beiden Hightech-Drohnen des Hauses permanent zu optimieren. Die engen Kontakte zu Universitäten und Partnerunternehmen helfen dabei, so Heiko Mey: 33 Jahre alt, geboren in Dessau, Sneakers, offenes Hemd. Typ pragmatischer Jungunternehmer ohne Scheuklappen, dafür aber mit großen Visionen. Geht nicht: gibt’s nicht.

Deutschlandweit im Einsatz

Mit Großprojekten wie für die Bahn hat sich Aeromey einen Namen gemacht.

Als Full-Service-Dienstleister bietet Mey um- und aufgerüstete Flugsysteme für den industriellen Einsatz. Die Drohnen sind variabel einsetzbar und können durch die verschiedenen sensorischen Fähigkeiten ein breites Spektrum an Daten für unterschiedliche Einsatzfelder abdecken. Dadurch hat die Firma in den vergangenen sechs Jahren auf einem hoch dynamischen Markt viele neue Tätigkeitsfelder erschlossen und sich zunehmend mehr Lufthoheit erobert: Es gibt nur drei oder vier Unternehmen in Europa, die in dieser Nische unterwegs sind. Eines davon ist sogar Geschäftspartner der Bensheimer, die sich 2022 weiterhin im Aufwind befinden. Die Auftragsbücher sind voll. Die Pandemie hat Aeromey nicht geschadet. Eher im Gegenteil.

Zu den Kunden gehört ein breites Netzwerk an Vermessungs- und Ingenieurbüros – auch aus Bensheim – sowie mehrere Bundes- und Landesbehörden und die Deutsche Bahn, bei der sich Mey als studierter Wirtschaftsinformatiker und Projektleiter erste Meriten verdient hat. Die Fliegerei hat seine Biografie schon früh beeinflusst. Mit 18 ruft er das Internetforum FPV-Community.de ins Leben, das den Themen Drohnen und First-Person-View-Flug (Modellflug mit Videoübertragung auf eine Brille am Boden) eine Plattform bietet und zur Diskussion einlädt. Eines der größten Foren seinerArt in Europa.

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Heiko Mey mit einer seiner Spezial-Drohnen. Bild: Thomas Neu
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Kostbare Flugobjekte vor der Kulisse der Bergstraße: In den Drohnen von Aeromey ist bis zu 200000 Euro an Hightech verbaut. Bilder: Thomas Neu
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Heiko Mey hat Wirtschaftsinformatik studiert. Mit Drohnen beschäftigt er sich schon lange.

Im Sommer 2013 eröffnet Mey seinen Online-Shop FPV1.DE, der sich auf den Vertrieb von MulticopterSystemen und Spezial-Equipment fokussiert. Der Shop ist im hinteren Bereich des Bensheimer Büros untergebracht. „Entscheidend für den Aufbau der Vertriebsplattform waren die Kontakte zu Herstellern und Fabrikanten in der ganzen Welt“, erläutert der Gründer, der private Kunden wie auch Behörden im öffentlichen Dienst, Bildungseinrichtungen und Medienunternehmen ausstattet. Sämtliche Sparten sind seit 2017 unter dem Dach der Aeromey GmbH vereint. Die Firma ist bestens vernetzt, die Mundpropaganda läuft wie geschmiert.

Durch die steigende Nachfrage nach Inspektionsaufgaben an technischen Infrastrukturen wurde der Dienstleistungssektor in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut und sukzessive professionalisiert. Die 15 Kilogramm schweren Drohnen mit sechs Rotoren und den feinen Laserscannern des österreichischen Herstellers Riegl („unser Kapital“) erfassen den Boden aus bis zu 80 Metern Höhe zentimetergenau. Sogar durch Blattwerk und anderen Bewuchs. Damit sammeln sie wichtige Daten als Grundlage für die Modellierung von Gelände, zur Dokumentation eines Baufortschritts oder zur Risikoeinschätzung potenzieller Naturgefahren. Aus der Luft werden Schäden an Immobilien oder im Waldbestand deutlich, die Planung forstwirtschaftlicher Nutzung oder die Erfassung landwirtschaftlicher Prozesse gehören ebenso zum Portfolio wie die dreidimensionale Visualisierung von historischen Bauwerken oder Denkmälern. Auch archäologische Grabungen können aus der Vertikalen erfasst und zur wissenschaftlichen Auswertung verwendet werden.

80 Meter über dem Boden

Die Drohnen wiegen 15 Kilo und sind mit sechs Rotoren ausgestattet.

Sicherheit steht bei allen Flugeinsätzen an erster Stelle, betont der Gründer. Die Copter werden durch erfahrene Zweier-Teams gesteuert (Pilot und Kamera), für High-Speed-Szenen im Action- und Motorsportbereich kommen kleine Fluggeräte mit Geschwindigkeiten von bis zu 150 Stundenkilometern zum Einsatz. Die Laser-Drohnen werden am Boden bezüglich Höhe, Tempo und Flugbahn mit einer Spezialsoftware programmiert und losgeschickt. Die Betriebsgenehmigung für aeronautische Vermessungsjobs stellt das Regierungspräsidium Darmstadt aus.

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Sicherheit steht bei allen Flugeinsätzen an erster Stelle. Üblicherweise steuert ein Zweier-Team die Drohnen. Bilder: Thomas Neu
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Start und Landung erfolgen manuell über das Tablet, den Rest erledigt die Automatik. Die Mission ist voll elektrisch und CO2-neutral. Am Tag können bis zu neun Kilometer Straßennetz vermessen werden, ein traditionell arbeitender Profi bräuchte dafür rund zwei Wochen. Darüber hinaus könne die Drohne mehr Messpunkte erfassen und somit bei der späteren Auswertung der Bilddaten eine höhere Genauigkeit erzielen, so Heiko Mey, der seine Leidenschaft für das Genre nicht extra betonen muss. Sie schwingt in jedem Halbsatz mit.

Damit die kostbaren Flugobjekte, in denen bis zu 200000 Euro Hightech verbaut sind, auch sicher wieder auf der Erde aufsetzen, hat Mey ein umfangreiches Rettungssystem integriert. Zusätzliche Elektronik wie eine Inertiale Messeinheit (IMU) und ein Fallschirm sorgen dafür, dass auch bei Notfällen nichts zu Bruch geht. Auch beim Einsatz über sogenannter kritischer Infrastruktur wie Autobahnen oder Großbaustellen darf die Drohne keine Gefährdung Dritter darstellen. „Die Vorgaben sind ähnlich streng wie bei der bemannten Fliegerei“, so der Unternehmer, der am Standort Bensheim künftig auch am Boden noch eine Menge bewegen möchte. Dazu demnächst mehr. Thomas Tritsch