Wann haben Sie zum letzten Mal telefoniert? Nein, das ist keine Scherzfrage! Zwar besitzt heute fast jeder ein Smartphone, damit telefoniert wird allerdings eher selten. Die meiste Zeit verbringen wir mit dem Versenden von Nachrichten mittels eines Messenger-Dienstes. Die Nachrichten werden dann gerne mit den passenden Emojis versehen – oder es werden einfach nur Emojis verschickt. Ein Emoji sagt manchmal mehr als viele Worte. Der lustige Smiley meiner Jugend hat unzählige Freunde bekommen. Die ursprüngliche Idee, ein lächelndes Gesicht mit drei Zeichen :-) zu schreiben und somit ein Emoticon einer Textnachricht anzufügen, hatte vor 40 Jahren der Informatik Professor Scott E. Fahlman. Das war lange, bevor die große Vielfalt der Emojis Einzug auf unseren Smartphones hielt.

Kolumne: Thomas Neu macht sich Gedanken über moderne Kommunikationsmittel, ungebetene Anrufe und Gewinnversprechen per E-Mail.

Thomas Neu

Das Telefonieren selbst hat seine Faszination scheinbar verloren. Wir schreiben lieber Nachrichten oder versenden Sprachnachrichten. Dabei kann ich mich gut erinnern, wie gerne ich in meiner Jugend telefonierte. Natürlich sollten die Eltern nicht mithören, besonders wenn man mit der Freundin telefonierte, und so nahm ich das Telefon möglichst unauffällig mit in den Flur, um nur wenige Augenblicke später den Satz „Telefoniere nicht so lange“ zu hören. Kommunikation ohne Kabel gab es damals nur in Science-Fiction-Filmen.

Und heute? Wenn das Telefon klingelt, erschrecke ich fast. Vielleicht, weil es nicht immer Freunde sind, die anrufen. Da keiner meiner Familienmitglieder derzeit im Ausland weilt, ignoriere ich Anrufe mit Vorwahlnummern aus anderen Ländern, um sie sofort zu sperren. Mit jeder blockierten Nummer gesellt sich schnell eine neue hinzu. Ebenso ignoriere ich Anrufe mit unterdrückten Rufnummern. Bei unbekannten Nummern aus dem Inland wäge ich ab, denn es könnte ja auch ein neuer Auftraggeber dahinter stecken, der meine E-Mail-Adresse nicht kennt.

„Spreche ich mit Thomas Neu?“, ist häufig die Frage am anderen Ende der Leitung, wenn ich doch einmal aus Neugier mit meinem Zeigefinger das Telefonsymbol antippe, um zu hören, wer sich hinter der mir noch unbekannten Telefonnummer verbirgt. „Wer will das wissen?“ ist dann meine Standardantwort – ein einfaches „Ja“ versuche ich zu vermeiden, da ich Angst habe, es könnte aufgezeichnet als Vertragseinwilligung missbraucht werden. „Gut, dass wir Sie erreichen, wir wollen Ihnen etwas Gutes tun“, höre ich dann manchmal. Jetzt lege ich entweder sofort auf, oder falls ich gerade die Muße dazu habe, dreh’ ich den Spieß um und versuche, dem Anrufer etwas zu verkaufen. Das führt dazu, dass meistens auf der anderen Seite der Leitung ganz schnell aufgelegt wird.

Den gleichen Effekt erzielt man, wenn man den Anrufer nach seinem Geburtsdatum, seinem Wohnort oder seiner Bankverbindung fragt. Nicht immer habe ich allerdings Lust auf dergleichen, kürzlich habe ich dem Mitarbeiter meines Telefonanbieters nach dem zigsten Anruf einfach nur barsch gesagt: „Rufen Sie mich nie mehr an oder ich kündige sofort meinen Vertrag! Alles, was Sie mir Gutes tun wollen, können Sie mir per Post oder per Mail mitteilen.“

Wobei wir beim nächsten Ärgernis wären: Seltsame Mails, die das Postfach verstopfen. Eigentlich müsste ich nicht mehr arbeiten, denn ich hab schon so viele Millionen angeboten bekommen, dass der Ruhestand eine sichere Sache wäre. Kürzlich wollte mir ein Unbekannter 3,5 Millionen US-Dollar überweisen, warum auch immer. . . Dann schreibt ein Mann aus den USA, er habe in der Amerika-Lotterie 768 Millionen Dollar gewonnen und er spende einen Teil davon an nur fünf glückliche Menschen und ein paar Waisenhäuser als Wohlwollen für die Menschheit.

Auch von der Elfenbeinküste wollte mir eine junge Dame einen Teil ihres geerbten Geldes zukommen lassen. Ich müsste in allen Fällen nur meine Adresse, mein Alter, meine Bankverbindung und dergleichen mehr angeben. Ach und natürlich sollte eine unbedeutende Gebühr bezahlt werden. Auf meine Antwort, dass diese Gebühr vom Erbe, dem Gewinn oder der guten Tat abzuziehen sei, bekam ich keine Rückmeldung – und leider auch kein Geld. :-(