Hofer-Kritikerpreis, Tankred-Dorst-Drehbuchpreis, Förderpreis Neues Deutsches Kino: Der Bensheimer Peter Meister hat mit seinem ersten Langspielfilm „Das Schwarze Quadrat" so viele renommierte Preise gewonnen wie andere Regisseure und Drehbuchautoren in ihrem ganzen Leben nicht. Für sein Debüt hatte er sich vorgenommen, einen extrem unterhaltsamen und gleichermaßen anspruchsvollen Stoff mit einem Top-Ensemble in einen dramaturgisch geschliffenen Rahmen zu gießen. Offenbar ist ihm das gelungen. Die Kritik fällt überaus positiv aus.

Meister ist 1987 in Bonn geboren und in Bensheim aufgewachsen. Er hat die Schlossbergschule und das AKG (Abitur 2006) besucht, danach folgte ein Studium der Filmwissenschaft, Literatur und Philosophie in Mainz. Bereits während dieser Zeit begann er, praktische Erfahrungen zu sammeln, etwa durch Assistenzen und Praktika im Filmbereich, unter anderem durch eine Hospitanz in der ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel" und als Regieassistent am Theater.

Ab 2008 produziert er die ersten Kurzfilme. Mit ,,Es war feucht, dunkel und roch nach Holz" hatte er 2015 die finalen 14 Minuten im Inneren des Trojanischen Pferdes inszeniert, bevor die griechischen Helden sich aufmachen, die Stadt zu erobern. Ein Kurzfilm über eine der berühmtesten Spezialeinheiten der mythologischen Geschichte. Auch Walter Renneisen und sein Sohn Mathias saßen im Pferdebauch.

,,Als Filmemacher kann man Fantasien und Visionen spielerisch ausleben", beschreibt Meister die Freiheiten seines Genres. Eine gewisse Lust an der Anarchie schwingt da durchaus mit. Auch in seinem neusten Werk sperrt er seine Figuren in einen abgeschlossenen Raum, aus dem sie nicht entkommen können. Diesmal kein legendärer Gaul, sondern der Bauch eines Kreuzfahrtschiffes. Dort wähnen sich die Kunsträuber Vincent (Bernhard Schütz) und Nils (Jacob Matschenz) kurz vor dem Ziel: In ihrer Kabine liegt das 60 Millionen Dollar teure Gemälde „Das schwarze Quadrat" von Kasimir Malewitsch, das sie auf hoher See ihrem Auftraggeber übergeben sollten.

Doch während sie sich auf der Bordbühne durch ihr Programm als Elvis- und David-Bowie-Imitatoren quälen, nutzen Unbekannte die Gelegenheit und klauen das Kunstwerk. Vincent, ein verhinderter Maler, fertigt zwei Kopien der kunstgeschichtlich bedeutsamen, aber in puncto Fälschen nicht allzu komplizierten Ikone an - und merkt nicht, dass seine reizvolle Bordbekanntschaft auch nur an dem einem interessiert ist. Allerdings am Original.

Kinostart war im November 2021. Mitten in der Hochphase der Pandemie. Für die Filmbranche damals eine Durststrecke mit ungewissem Ausgang. Inzwischen hat sich das Business wieder leidlich erholt, die Lichtspieltheater sind geöffnet und nicht selten gut besucht. Und Leute wie Meister haben plötzlich richtig Mühe, ihre Filme zu besetzen: Cast und Crew sind sehr gefragt. Nicht zuletzt durch neue Streaming- und Mediendienste, die teils hochklassige Eigen- und Serienproduktionen drehen. „Viele Schauspieler können sich ihre Projekte aussuchen", sagt der Regisseur und Drehbuchautor, der als Stipendiat der Drehbuchwerkstatt München sein Langfilmdebüt realisieren konnte. Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr und – nach einer corona-bedingten Unterbrechung - im Sommer 2020 statt. Ein Kritiker bezeichnete ihn nach der Premiere als „das neue Komödientalent, das der deutsche Film so dringend braucht".

Das Faible fürs Kino gärte schon in Kindertagen. Damals hat er mit seiner Mutter Komödien mit Doris Day geschaut. Später waren es berühmte Kollegen wie Robert Altman, Ernst Lubitsch (,,Sein oder Nichtsein") und die Brüder Ethan und Joel Coen, die seine Aufmerksamkeit erregten und seinen Stil mit geprägt haben. Vor allem die Coen-Brüder: Deren ,,No Country for Old Men" von 2007 habe ihn nachhaltig fasziniert. Aber auch ihr früheres Werk ,Fargo", das Elemente eines Thrillers mit einer Charakterstudie vereint, bezeichnet er als einflussreich. In diesem Jahr plant er einen Film, in dem sich Motive aus „Fargo“ mit ,,Warten auf Godot", dem Theaterstück von Samuel Beckett, treffen. Gedreht werden soll in Bensheim und Umgebung. Meister hofft, dass auch dieses Projekt von der HessenFilm und Medien unterstützt wird, die schon seine Kurzfilme begleitet hat.

Bereits für seinen 2017 produzierten Kurzfilm ,,Menschenjagd" hatte sich Peter Meister Sets im Wald oberhalb des Fürstenlagers, am Auerbacher Bahnhof sowie beim alten Bensheimer Hospitalgebäude ausgesucht. Die Region biete viele spannende Kulissen - nicht nur für Bollywood. Er kennt die Stadt seit seinem dritten Lebensjahr. Hier hat er damals auch seine Produktionsfirma Kabakon Film & Medien etabliert. Früh galt er als eines der jungen Talente in Hessen, und bald auch in Deutschland.

„Das schwarze Quadrat" ist Kammerspiel und Screwball-Spaß, absurder Krimi und temporeicher Thriller, und in seiner Machart eine unterhaltsame Nummer abseits des komödiantischen deutschen Mainstreams. Nach 25 Drehtagen über zwei Monate - unter anderem in einem Bad Wildunger Hotel und in einem Hamburger Theater - folgte der Schnitt, der rund drei Monate in Anspruch nahm. Insgesamt anderthalb Jahre dauerte der gesamte Prozess, so Meister, der pandemisch bedingte Drehstopps mit einkalkulieren musste.

„Der Zuschauer sollte sich in seinem Kosmos nie allzu sicher fühlen", beschreibt er seinen künstlerisch-dramatischen Ansatz, der sich in den meisten seiner Arbeiten spiegelt. Das Publikum muss stets mit Überraschungen und Wendungen rechnen. Siehe "No Country for Old Men" oder ,,Burn After Reading" (ebenfalls von den Coen-Brüdern), wo der von Brad Pitt gespielte Charakter recht unvermittelt und versehentlich erschossen wird. Auch ,,Das schwarze Quadrat" endet anders als zwischenzeitlich vermutet.

Die ursprüngliche Idee des Films war, dass Menschen in einem spannungsgeladenen Mikrokosmos agieren, aus dem sie nicht entkommen können, erläutert der Filmemacher. Anfangs sollte das auf einer einsamen Insel stattfinden, wo die Figuren um ihr Leben kämpfen müssen. Die Kreuzfahrt war in dieser Rohfassung nur der erste Teil. Später habe man sich entschieden, ganz auf dem Schiff zu bleiben, so Meister, der nie eine Filmhochschule besucht und sich als Autodidakt in der Szene einen Namen gemacht hat.

Jetzt freut er sich bereits auf die nächsten Dreharbeiten in der alten Heimat. Könnte gut sein, dass dafür noch Statisten gesucht werden. Eine Chance, um einmal in einem Meister-Werk dabei sein zu können. Thomas Tritsch

Viel Lob für Peter Meister

,,Das neue Komödientalent, das der deutsche Film so dringend braucht", so ein Kritiker über den Bensheimer Filmemacher.