Kolumne

"Soll das ein Witz sein?" heißt ein Buch von Hellmuth Karasek. Der leider schon verstorbene Literaturkritiker hat eine 380 Seiten lange Liebeserklärung an die „kürzeste und präziseste Form von Literatur" hinterlassen. Selten habe ich mich bei einem Buch so amüsiert und mir immer wieder Witze angestrichen, um sie in mein persönliches Repertoire aufzunehmen. Nur muss ich gestehen, ich bin ein ganz untalentierter Witzeerzähler. Fragen Sie meine Familie, sie wird es Ihnen bestätigen.

Wenn ich einen guten Witz gehört - oder wie im Fall des erwähnten Buches - gelesen habe, möchte ich ihn natürlich so schnell wie möglich weitererzählen. Und die Betonung liegt hier auf schnell, denn je mehr Zeit verstreicht, umso größer ist die Gefahr, dass ich den Witz nicht mehr so erzähle, dass er am Ende auch meiner Familie oder Freunden ein herzhaftes Lachen entlockt, sondern mehr ein mitleidiges Lächeln. Oft scheitere ich daran, die Pointe so zu platzieren, dass ein Witz daraus wird.

So ging es mir bei einem meiner Lieblingswitze aus dem Karasek-Buch, den der berühmte Regisseur Billy Wilder einst Karasek erzählte und den ich nur verkürzt wiedergeben möchte: Ein Mann kommt zum Psychiater und erzählt, es ginge ihm schrecklich schlecht, die Depression drohe und das Leben mache ihn tieftraurig. Da hat der Arzt eine wunderbare Idee: ,,Gerade heute Tag gastiert ein Zirkus in der Stadt. Der wunderbare Clown Grock wird Ihnen Ihre Melancholie sicher vertreiben und Sie können wieder lachen." Daraufhin blickt ihn der Mann traurig an und sagt: „Aber ich bin Grock." Wollen Sie wissen, wie ich anfing, den Witz meiner Familie zu erzählen? ,,Kommt ein Clown zum Psychiater..."

Für mich ist Humor ein ganz wichtiges Element in meinem Leben, und wenn Menschen keinen Humor haben, dann meide ich sie lieber. Nur das, was man selbst lustig findet, muss bei meinen Mitmenschen nicht genauso lustig ankommen, das erlebte ich schon als Jugendlicher mit meinen Eltern. Für den 12-jährigen Thomas waren Jerry Lewis und Marty Feldmann die lustigsten Menschen der Welt. Den ständig Grimassen schneidenden Jerry Lewis kann ich heute allerdings schwer ertragen, dagegen finde ich den anarchischen und rabenschwarzen Humor von Marty Feldmann und Monty Python noch immer gut.

Und dann kamen Otto und Klimbim in unser Wohnzimmer! Für die Elterngeneration stand der Untergang des Abendlandes vor der Tür, wenn bei Klimbim eine leicht bekleidete Ingrid Steeger sang: ,,Dann mach ich mir 'nen Schlitz ins Kleid und find es wunderbar", oder Otto seine nicht ganz jugendfreie Version von Udo Jürgens' Schlager „Es wird Nacht, Señorita" sang. Bei uns Jugendlichen galt: Wer Klimbim oder die Otto-Show nicht gesehen hatte, der lebte für mich und meine Freunde in den 70er Jahren humortechnisch hinter dem Mond.

Unvergessen für mich ist Ottos Parodie auf die Quizshow ,,Der Große Preis". Jene Show mit den Glaskuppeln und dem hölzernen Wim Thoelke, dem sogar die Zeichentrickfiguren Wim und Wendelin die Show stahlen. In Ottos Quizshow wird die Kandidatin Frau Suhrbier gefragt, welche Jahreszeit in dem bekannten deutschen Schlager-man hört Heino singen-,,... ist so kalt der Winter" besungen wird? Antwort: „Ägypten?“ Auf die Frage „Welcher Vogel ruft seinen Namen" antwortet Frau Suhrbier trocken: ,,Walter... oh, den Nachnamen weiß ich leider nicht!" Meine Schwester und ich schüttelten uns vor Lachen und meine Eltern schüttelten ungläubig den Kopf über solchen ,,Nonsens" zur besten Sendezeit.

Heute kann ich nachvollziehen, dass meine Eltern, die mit Heinz Rühmann, Theo Lingen und Hans Moser aufgewachsen waren, mit meinen Humor-Ikonen nichts anfangen konnten. Allerdings gab es auch Schnittmengen. Bei Loriot und Heinz Erhardt kam die ganze Familie dann wieder vor dem Fernseher zusammen. ,,Wo Würde scheitert, beginnt die Komik", sagte einst Loriot. Der Satz ,,Du wirst nicht glauben, was mir heute passiert ist...", den ich leider öfters zu meiner Frau sagen muss, zeigt, dass auch ich gerne in meinem Alltag humoreske Situation einbaue.

Manchmal braucht der Humor etwas Zeit, bis er wirkt. Wenn der Protagonist den Ferienwohnungsschlüssel, an dem sich eine Fernbedienung für die Schranke des Parkplatzes befindet, versehentlich beim Duschen am Swimmingpool in der Badehose lässt und die Schranke später nicht mehr aufgeht, muss ganz lapidar der Satz fallen ,,Ich glaube, ich sollte einen Schraubenzieher kaufen...!" Die Frau des Protagonisten sagt dann ,,Ich hoffe, es kommt der Moment, an dem ich darüber lachen kann!" Dieser kommt gewiss! Schon bei der nächsten Party ist diese Geschichte ein Garant für Lacher. Leider ist sie nicht frei erfunden und hat Ähnlichkeit mit lebenden Personen... Thomas Neu

„Nonsens" zur besten Sendezeit

Bei uns Jugendlichen galt: Wer Klimbim oder die Otto-Show nicht gesehen hatte, der lebte humortechnisch hinter dem Mond.