"Schmecken muss es“, antworten Steffen und Kathrin Lindberg wie aus der Pistole geschossen auf die Frage nach ihren kulinarischen Favoriten. Klar gibt es einen „Lieblingsitaliener“ (allerdings nicht in Bensheim) und ein hiesiges Restaurant, in dem das Juristen-Ehepaar gern und häufig zu Gast ist und sich von der Küchen-Crew immer wieder auf Neue überraschen und verwöhnen lässt. Grundsätzlich aber gilt: „Schmecken muss es.“ Und genau diesem Motto folgend brutzeln und köcheln der renommierte Strafverteidiger und die angesehene Oberstaatsanwältin an den Wochenenden gemeinsam in ihrer Küche. Regionale Produkte und Fleisch in Bioqualität werden im Haus Lindberg bevorzugt.Wie gut eingespielt das sympathische Paar tatsächlich ist, davon können sich der Fotograf und die Berichterstatterin persönlich überzeugen. Und es stört die Lindbergs kein bisschen, dass die Gäste ihnen bei der Vorbereitung, Zubereitung und beim Anrichten der Speisen über die Schulter sehen: mit einem Glas Winzersekt, Marke Bensheimer Streichling trocken vom Weingut Götzinger in der einen und köstlichen Fingerfood-Lachsröllchen in der anderen Hand. Die Hobbyköche sind – so scheint es – völlig entspannt. „Zusammen macht es viel mehr Spaß“, versichern Steffen und Kathrin Lindberg, die nicht nur durch ihre Kochqualitäten überzeugen, sondern sich darüber hinaus als herzliche und aufmerksame Gastgeber zeigen. Feinschmecker und Liebhaber guter Weine sind sie allemal. Der Hausherr hat darüber hinaus ein Faible für feine Spirituosen – und outet sich ganz nebenbei als passionierter Angler. 

2013 ist das Ehepaar nach Bensheim gezogen. Die „hohe Lebensqualität an der Bergstraße“, die Natur, die gute Verkehrsanbindung und ihre „tolle Nachbarschaft“ hat ihnen das Eingewöhnen leicht gemacht. Obendrein ist Kathrin Lindberg in Einhausen groß geworden, Ehemann Steffen ist gebürtiger Ludwigshafener. „Ich bin das beste Beispiel gelungener Integration“, flachst er: „Mein Vater ist Norweger.“ Kennengelernt haben sich beide 1999 in einem Restaurant, in dem die junge Frau nach dem Abitur gejobbt hat. „Es hat gepasst und gleich klick gemacht“, kommentiert der Strafverteidiger die Liebe auf den ersten Blick. Dass seine künftige Ehefrau wie er das Jurastudium anstrebte, war Zufall oder Schicksal – wie man’s nimmt und „einfach ein Glücksfall“. Im vergangenen Jahr hat das Paar einen kleinen Sohn bekommen. Zur Familie gehören außerdem Minni und Finn, zwei Britisch-Kurzhaarkatzen.

PERFEKTES DINNER MIT VIEL GESCHMACK

Steffen Lindberg ist bundesweit in Gerichtssälen unterwegs. Im Laufe seiner Karriere hat er Kriminelle in aufsehenerregenden Prozessen vertreten und ist ein oft zitierter Interviewpartner in Medien – von RTL bis Stern und Spiegel online. Nach dem Flugzeugunglück auf der Wasserkuppe mit drei Toten hat er den Piloten verteidigt, beim Paketbomberprozess vor dem Landgericht Heidelberg – Geschädigte waren Lidl und Wild Werke – erreichte er für seinen Mandanten einen Freispruch. Im Fall des verhungerten Jungen Marcel (9) vertat er die Mutter. Lindberg war außerdem einer der Verteidiger des bei Aktenzeichen XY gesuchten Millionenbetrügers Ulrich Engler, der in ganz Deutschland Anleger, darunter den ehemaligen Boxer Axel Schulz, betrogen hat. „Ich verteidige nicht die Tat, sondern den Täter und die Täterin. Manches ist allerdings nur schwer zu ertragen“, sagt er mit Nachdruck.

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Stilvoll: Mit einer handgeschriebenen Menü-Tafel empfangen die Lindbergs ihre Gäste.
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Das Auge isst mit
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Kathrin Lindberg – von ihrem Ehemann respekt- und liebevoll als „Idealistin und hervorragende Juristin“ bezeichnet – war zunächst sieben Jahre im Jugend- und Sonderdezernat bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt, ehe sie als Oberstaatsanwältin zur Generalstaatsanwaltschaft wechselte.

Nach der Elternzeit plant sie die Rückkehr in ihren Beruf. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem bei Staatsschutzdelikten und entscheidet über Beschwerden der Staatsanwaltschaft und Revisionen. Beim gemütlichen „Menu du jour“ am mit duftenden Frühlingsblumen, warmen Kerzenlicht und feinstem Geschirr und Gläsern – „alles Erbstücke“ – festlich gedeckten Tisch, spielen Verbrechen dagegen keine Rolle. Im Gegenteil: Es wird viel gelacht und munter geklönt. Fröhlicher Small Talk bestimmt die aufgeweckte Runde.

Hohe Lebensqualität

Die Natur, die gute Verkehrsanbindung und die tolle Nachbarschaft – die Lindbergs waren von Anfang an in Bensheim und die Bergstraße verliebt.

Kochen ist am Freitag und Samstag Teamarbeit bei den Lindbergs. Und Gäste sind immer willkommen. Bei der Gastgeberin isst das Auge mit. Sie ist eine ebenso kreative wie versierte Köchin, die sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt und mit nur wenigen Handgriffen und besten Zutaten eine Köstlichkeit nach der nächsten dekorativ auf dem Teller anrichtet. Die Zubereitung des Fleisches allerdings ist Männersache. Auch wenn sich Steffen Lindberg nicht ganz sicher ist, ob die von ihm gewählte Garzeit tatsächlich ausreicht, so muss man deutlich sagen: Sie hat ausgereicht. Der Sous-vide-gegarte und anschließend in der Pfanne gebratene Hirschrücken ist perfekt und butterzart. Der Hausherr strahlt!

Aber der Reihe nach. Zunächst bedient sich jeder am „Gruß aus der Küche“, den appetitanregenden, mundgerechten und frischen Lachsröllchen, von denen man nicht genug bekommen kann und die die Vorfreude auf das Menü à la Lindberg/Lindberg anstachelt. Während Kathrin Lindberg dann aus dem ausgerollten Blätterteig Kreise für die Vorspeise aussticht, diese mit Ziegenkäse, Kräutern und Nüssen bestreut und mit Walnussöl und Honig vorsichtig beträufelt, entkorkt der Gatte einen wunderbar fruchtig und frischen Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder 2020 vom Weingut Knipser. Der „Pfälzer“ mundet sowohl durch seine Weichheit als auch durch seine frischen Aromen. Es bleibt zu ergänzen: Das i-Tüpfelchen auf den Ziegenkäse-Rosmarin-Tartes sind die zart gebräunten knusprigen Birnen-Chips mit einer angenehmen Süße als Topping.

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Und es kommt noch besser. Die handgeschabten Spätzle passen hervorragend zum zarten, saftig mit rosa Kern gebratenen Hirschrücken und seinen typischen Aromen. Als nahezu idealer Partner zum Wild outet sich die gehaltvolle Soße mit den Basics Südtiroler Rotwein und karamellisierten Schalotten. Dazu schenkt der Hausherr einen 2018er Merlot Riserva vom traditionsreichen Weingut Kornell (ebenfalls Südtirol) in die Gläser.

Ein Päuschen danach ist unabdingbar. Auf das verführerische rot-weiße Dessert mit Himbeeren (eingefroren und aufgetaut) aus dem eigenen Garten möchte das Quartett anschließend aber trotzdem nicht verzichten. Völlig zu Recht, wie sich herausstellt! Das nicht zu süße Joghurt-Bömbchen mit dem Fruchtspiegel ist ein gelungenes Finale eines äußerst köstlichen Menüs und munteren und anregenden Abends. Auf der vom Gastgeber herbei gezauberten Flasche 1997er Bergsträßer Eiswein allerdings bleibt der Korken drauf – ansonsten hätte der Motor des eigenen Fahrzeugs aus Vernunftgründen kalt bleiben müssen. Gerlinde Scharf