Sind Sie ein Adrenalin-Junkie? Lieben Sie die Extreme? Stürzen sich freiwillig von Brücken und vertrauen Ihr Leben einem Gummiseil an? Tauchen in einem Käfig zu Haien – oder lieben Sie vielleicht das Klettern ohne Seil und Sicherungshaken an einer alpinen Felswand? All das mache ich nicht! Nein ich muss gestehen, dass keines meiner Steckenpferde – um ein Wort aus der Liste der gefährdeten Wörter zu benutzen – mit unnützer Gefahr verbunden ist. Ich fahre sehr gerne Fahrrad! Immer noch kein E-Bike, sondern ein über 20 Jahre altes „analoges“ Mountainbike, das die Berge nur aus der Ferne kennt. Mit Schutzblechen und Gepäckträger versehen, erinnert es kaum noch an seine einstige Bestimmung, querfeldein durchs Gelände zu pflügen. 

Meine Radtouren führen mich meist ohne Stoppuhr gemütlich und schlendermäßig im Flachland nach Ladenburg, Heidelberg oder Worms. Und obwohl ich im vergangenen Jahr 60 Jahre alt geworden bin, findet man mich in keinem Radfahrerpulk und trage ich noch immer kein Tour-de-France-Outfit. Vom amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy soll das Zitat stammen „Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren.“ Recht hatte er, auch wenn man bei John F. Kennedy eher ein Zitat über andere Freuden des Lebens erwartet hätte.

Allerdings gibt es eine Leidenschaft, der ich leider zu selten nachkomme, die eventuell mit Risiko verbunden ist, auch wenn ich es ausblende, sobald die Cockpithaube sich über mir schließt. Ich liebe die Fliegerei. Nicht, dass ich selbst je den Flugschein absolviert hätte, aber das Mitfliegen im Segelflugzeug, Motorflugzeug oder Doppeldecker ist für mich pures Glück. Auch für diese Ausgabe des Stadtmagazins durfte ich in ein Segelflugzeug steigen. Großen Dank an meine junge Pilotin Franzi Pawel von der Bensheimer Segelfluggruppe, die mich mit ihren erst 17 Jahren so sicher durch die Lüfte manövrierte.

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Ein Bild aus 2008 – mit dem Doppeldecker ging es von Worms nach Bensheim. | Bild: Thomas Neu
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Nur für das Foto – einmal im Cockpit einer Ju52 sitzen . . . | Bild: Alisa Koch

Schon mein Vater träumte vom Fliegen und hat als 15-Jähriger auf der Wasserkuppe in der Rhön mit einem Gleitflieger erste Sprünge in die Luft unternommen. Die Begeisterung der Jugendlichen für die Fliegerei wurde vom Naziregime ausgenutzt, und auch mein Vater meldete sich freiwillig zur Luftwaffe. Wahrscheinlich zu seinem Glück bekam er keine Ausbildung zum Piloten und es blieb ihm erspart, in den letzten Kriegstagen verheizt zu werden. Mit 17 Jahren kam er nach Südfrankreich zum Bodenpersonal der Luftwaffe.

Das Fliegen war für ihn ein Traum, der nie Wirklichkeit wurde. Auch ich habe es verpasst, den Flugschein zu machen, was jedoch meine Familie begrüßt. Alle sagen, es wäre so sicherer in der Luft – nicht nur für mich!

Jetzt lasse ich die Experten fliegen und konzentriere mich auf das Fotografieren. Als Jugendlicher baute ich zahlreiche berühmte Flugzeuge aus Plastikmodellbausätzen, einer davon war die Ju 52, die Tante Ju! Und als dann bei den Bensheimer Segelflugtagen im Jahre 2016 die Möglichkeit bestand, in der Flugzeuglegende mitzufliegen, ging ein Kindheitstraum in Erfüllung.

Wäre das nicht schon genug gewesen, durfte ich anschließend aus einem Hubschrauber heraus die Ju 52 beim Flug über das Auerbacher Schloss fotografieren. Nebenbei sei erwähnt, dass man für die bessere Sicht des Fotografen die Tür des Hubschraubers ausgehängt am Boden gelassen hatte.

Und so bleibt als Resümee, dass so manches, was aus der Ferne gefährlich und verrückt erscheint, für den Handelnden kalkulierbares Risiko zu sein scheint – bis das Seil zu lang ist oder man vom Hai gefressen wird... Thomas Neu